Trockene Grüns, braune Fairways, brettharte Abschläge? Solche Assoziationen gehören zu den Alpträumen jedes Golfers und jeder Golferin. Und sie treiben manchem Betreiber oder Vereinspräsidenten den Angstschweiß auf die Stirn. Dahinter stehen einfache Fragen. Etwa diese: Wie versorgen wir unsere Anlage mit dem notwendigen Wasser? Und: Was können wir heute tun, damit uns das kostbare Nass auch morgen noch zur Verfügung steht? Das Wasser hat sich in nahezu allen Clubs und Anlagen hierzulande zu einem zentralen Thema entwickelt. Immer häufiger markiert es den wichtigsten Faktor auf dem Weg in die Zukunft. Das Sport- und Golf-Resort Gut Wissmannshof macht da keine Ausnahme. Und doch sieht man die Sache dort etwas gelassener als vielfach anderenorts. Das hat einen Grund.
Teiche und Drainage erweitern
Hubert Landefeld, Chef der Betreibergesellschaft, verweist auf sein privates Haus in Nordspanien. So faszinierend sich die dortige, sonnenverwöhnte Szenerie darstellt, so problematisch wird sie zunehmend. Soll heißen: Aus den Pyrenäen fließt zunehmend weniger Wasser die Berge hinab. Mit der Konsequenz, dass den Gebäuden unten im Tal mehr und mehr das Wasser abgestellt wird.
Soweit soll es auf seiner Anlage nicht kommen. „Wir wollen erreichen, dass kein Abwasser mehr von unserer Anlage abfließt“, betont er. Vor dem Hintergrund werden dort nach und nach die Teiche vergrößert. Das schon jetzt gewaltige Drainagenetz soll auf einen Umfang von über 50 Kilometer erweitert werden.
Eine wichtige Rolle werden in dem Zusammenhang Windräder spielen, die das Wasser-Management begleiten. Kleiner Schönheitsfehler: Die Aggregate sind aktuell weitgehend ausverkauft, sie sind kaum zu bekommen.
Es geht allerdings nicht um Windräder, die Strom gewinnen. Der Aspekt soll zu einem späteren Zeitpunkt ins Auge gefasst werden. „Wobei sich die Frage stellen wird, inwieweit wir dem Golfer den Anblick dieser Windräder zumuten wollen“, gibt Center-Leiter Frank Wiegand zu bedenken.
Die großen Energieproduzenten störten optisch wie akustisch, der sogenannte Schlagschatten auf dem Platz tue ein Übriges.
„Energetisch zum Nulltarif!“
Nein, hier sind vielmehr Windräder im amerikanischen Stil gefragt, die der Wasserversorgung dienen. Sie pumpen – so wie es die Aggregate in Texas tun, die der eine oder andere aus alten Westernfilmen vor Augen hat.
„Mit ihren 15 bis 20 Meter Höhe bieten sie eine tolle Kulisse“, zeigt sich Landefeld überzeugt. Die Aufbauten brächten keine störenden Effekte mit sich, sondern wirkten „vielmehr als Hingucker“. Das gelte insbesondere dann, wenn sie in gelber Farbe gestaltet seien. Im Rahmen der Entwicklung sollen Wasserfälle angelegt werden, „die dann energetisch zum Nulltarif zu haben sein werden“, blickt Course-Manager Brian Willett in die Zukunft. Lediglich Wartung und Instandhaltung sollen die Kostenseiten belasten.
Den Altersdurchschnitt gesenkt
Mit den genannten Highlights will die Anlage in ihrem Einzugsgebiet zwischen Kassel und Göttingen punkten. Darüber hinaus, und da kommt das attraktive Hotel samt Restaurant ins Spiel, setzt man auf Gäste aus ganz Deutschland. Viele Besucherinnen und Besucher reisen zum wiederholten Mal nach Südniedersachsen und genießen das besondere Ambiente des Gutes. Manche von ihnen spielen beispielsweise mit Freunden ihren privaten Ryder-Cup aus. Andere nutzen die bewährte Kooperation mit dem Hardenberg-Resort und schätzen zwei Destinationen, die auf Qualität und Service setzen. Keine Frage, eine dreistöckige Driving-Range, Windräder, Wasserfälle und die optimale Beregnung summieren sich zu Faktoren, mit denen sich nicht nur touristisch punkten lässt.
Diese Tendenz macht sich auch in den eigenen Reihen bemerkbar. So ist der Altersdurchschnitt der Wissmannshofer Mitglieder in den vergangenen 24 Monaten um fast sechs Jahre gesunken. Wiegand berichtet von starken Zuwächsen bei der jüngeren Zielgruppe, zahlreiche junge Familien haben jüngst dort angedockt. Der Trend stimmt die Verantwortlichen optimistisch für die Zukunft.
Mit offenen Armen werden die Newcomer von beiden jungen Golflehrern empfangen. Fabian Becker und Daniel Wünsche kommen gut bei Einsteigern an, die Förderung von Talenten haben sich die Professionals auf ihre Fahnen geschrieben. „Die Schnupperkurse sind rappelvoll“, freut sich Becker. Einen bemerkenswerten Contra-Punkt setzt Inge Thormann. Mit ihren 92 Jahren ist sie weiterhin überaus aktiv, spielt während der Saison drei- bis viermal pro Woche.
Damit läuft die Seniorin immer mehr Erika Pape den Rang ab; leider musste sich die 95-Jährige aus gesundheitlichen Gründen mehr und mehr zurückziehen.
Abflüsse ins Netz leiten
Zurück zu den ökologischen Aspekten der Anlage. Kürzlich wurde einer der Teiche auf neun Meter Tiefe ausgebaut und damit das Volumen deutlich vergrößert. Neue Leitungen auf und um die Driving-Range sorgen dafür, dass das kostbare Nass von unten nach oben, zur zentralen Wasserversorgung, gepumpt werden kann. Von dort aus lässt sich die Beregnung des gesamten Areals steuern.
Zentrales Ziel ist es, das Wasser auf dem Gelände zu halten. Leitungen tragen dazu bei, dass es im benachbarten Wald bleibt. „So werden die Bäume versorgt, das hilft dem Grundwasserspiegel“, erklärt Landefeld. In diesem Sinne werden zusätzliche Biotope angelegt. Die Niederschläge sollen auf der Anlage versickern und so ins Grundwasser geführt werden.
Früher wurde das Regenwasser in die Fulda, Werra und Weser abgeleitet. Damit ist jetzt Schluss, dafür ist der Eintrag zu wertvoll. In dem Kontext soll die Abwasserquote fast auf null reduziert werden. „Selbst der Sturzregen soll nicht zur Überflutung führen. Vielmehr wollen wir erreichen, dass das abfließende Wasser ins Netz läuft“, so Willett. Zu der ökologischen Ausrichtung passt, dass sämtliche Neubauten, mit Ausnahme der Maschinenhalle, Grasdächer erhalten haben.
Passende Grasmischung finden
Apropos Gras: Hier bietet die Forschung Varianten, die den aktuellen Herausforderungen deutlich besser gewachsen sind als ihre Vorgänger. Beispielsweise benötigt die einst sehr populäre Sorte Poa Annua, die eine sehr kurze Wurzel aufweist, rund zwei Drittel mehr Wasser als moderne Arten, etwa die dominante Mischung Festuca, ein sogenanntes Rot Schwingelgras.
Soviel zur Theorie. Entscheidend für die Praxis ist, dass die Mixtur zum jeweiligen Untergrund passt. „Wir haben es hier vor allem mit Lehmboden zu tun. Das erweist sich als ungünstig“, bedauert Landefeld. Insofern komme es auf die passende Bodenaufbereitung an, „um den richtigen Anteil an Humus zu erreichen“.
Das wiederum ist mitunter problematisch, weil es hierzulande kaum noch Torf gibt. Denn der darf nicht mehr gestochen werden. Mit der Folge, dass der Torf aus dem Ausland beschafft werden muss.
„Wir mischen zwischen neun und elf Prozent Weißtorf ein, damit die Pflanze existieren kann. Nachher, wenn sie eine lange Wurzel gebildet hat, kommt die Pflanze zurecht und nimmt das notwendige Wasser auf“, erklärt Wiegand. Um den Prozess zu fördern, werden spezielle Maschinen eingesetzt, die das Wachstum insbesondere der Grüns begünstigen.
Sieben große Teiche im System
Wer aufmerksam über das Gut geht, dem fällt ein Mast oberhalb der Maschinenhalle auf. Er dient dazu, die erforderlichen Klimadaten abzurufen. Die daraus resultierenden Informationen laufen auf Brian Willetts Handy zusammen. Je nach Windeinfluss oder Wasserbedarf kann der Course-Manager das jeweilige Grün per Tastendruck versorgen.
Der Wind spielt in dem Kontext eine große Rolle. Er entzieht der Oberfläche eine Menge Feuchtigkeit. Das wiederum verlangt Wasser.
Es handelt sich um sogenanntes Sickerwasser. Denn die Pflanze nimmt nur die Menge auf, die sie braucht. Der Rest fließt weg und erreicht die Drainagen, von wo es in den nächsten (tiefer gelegenen) Teich geht. Pumpen bringen das Wasser anschließend wieder „nach oben“, so Willett. Sieben große Teiche sind an das skizzierte System angeschlossen.