
Ein fast 100 Jahre alter Pokal gilt als die begehrteste Trophäe des Profigolfsports, obwohl diesen noch kein einzelner Spieler in seine Vitrine zuhause stellen durfte, und bislang auch kein einziger Cent Preisgeld dafür ausgeschrieben wurde. Der Ryder-Cup aus dem Jahr 1927.
Etwas mehr als sechs Monate sind noch Zeit, bis zum nächsten prestigeträchtigen Kontinentalwettkampf der alten gegen die neue Golfwelt. Europa gegen die USA. Alle zwei Jahre treten die vermeintlich besten Zwölf eines jeden Kontinents im Lochspiel, Mann gegen Mann, gegeneinander an. Was dieses Duell um den begehrten, goldenen Henkelpott so faszinierend macht und welche bewegte Geschichte es hat, beleuchten wir in diesem Artikel.
Die Mission British OpenBlickte man in der Geschichte des Golfsports gut 100 Jahre zurück, so fände man um 1920 auf der ganzen Welt wahrscheinlich nicht mehr als genau zwei Personengruppen von Golfspielern vor. Vornehme Briten einerseits und reiche Amerikaner andererseits. Zwischen diesen beiden Gruppen ambitionierter Herrensportler lag naturgegeben das größte Wasserhindernis, welches sich die Golfer dieser Zeit vorzustellen vermochten: Der Atlantische Ozean.
So ergab es sich, dass es bis in die 1920 Jahre hinein keinem US-Amerikaner je gelungen war, die prestigeträchtigen British Open im schottischen Royal & Ancient St. Andrews Golf Club einmal zu gewinnen. Diesen Missstand galt es, einer Initiative des amerikanischen Fachmagazins Golf Illustrated zufolge, 1921 zu korrigieren. Ein Länderwettkampf gegen die Briten auf britischem Boden sollte eine Delegation aus zehn amerikanischen Profi-Golfern, zwei Wochen vor der offenen britischen Meisterschaft, ertüchtigen, den begehrten Titel in die USA zu holen.
Wenngleich der Teamwettkampf mit 9:3 dann deutlich an die heimischen Briten ging, konnte mit Jock Hutchison im Jahr 1921 tatsächlich erstmals ein Amerikaner, wenn auch ein geborener Schotte, die British Open gewinnen. Die Mission war somit erfüllt. Es dauerte dann noch weitere fünf Jahre, bis die Idee Gestalt annahm, einen solchen Mannschaftswettkampf zwischen USA und Großbritannien regelmäßig und wechselseitig zu veranstalten.
Mit 50 Jahren den Golfsport für sich entdecktSamuel Ryder, ein britischer Geschäftsmann, mit Saatguthandel zu Vermögen gekommen, entschied sich 1908 im Alter von 50 Jahren dazu, sich dem Golfsport zuzuwenden, um seinem Körper Gutes zu tun. Als leidenschaftlicher Golf-Entrepreneur unterstützte Ryder daraufhin viele Jahre Golf-Professionals, also Berufsgolfer, die, wenn sie zu Turnieren reisten, mit ihrer Tätigkeit als Golflehrer oder Caddie kein Geld verdienen konnten.
Ryder begeisterte sich folglich für die Idee des geplanten Länderwettkampfes und stiftete schon 1926 den Preis für ein solches Vorhaben. Noch im selben Jahr kam es wiederum auf der Britischen Insel zu einem Aufeinandertreffen. Für das von Golflegende Walter Hagen zusammengestellte US-Team endete das Turnier allerdings mit 1:13 in einer bitteren Niederlage. Unstimmigkeiten bei der Legitimation einzelner Spieler veranlassten den Briten Ryder hingegen, seinen Pokal 1926 noch nicht an das heimische Siegerteam zu vergeben, anstelle dessen aber die erste offizielle Austragung der Ryder-Cups unter professionelleren Rahmenbedingungen in das Jahr 1927 in die USA zu verschieben.
Entscheidungen fallen auf dem GrünIm amerikanischen Worcester Country Club mussten sich dann aber ein Jahr später die mit der Aquitania auf einer sechs Tage dauernden Überfahrt angereisten Briten rund um Captain Ted Ray den deutlich besser vorbereiteten Amerikanern mit 9,5 zu 2,5 geschlagen geben. Ray erklärte die Niederlage damit, dass die Amerikaner einfach viel besser beim Putten waren. Eine Disziplin, in der US-Captain Hagen beispielsweise auch heute noch als herausragend angesehen wird.
Aufgrund der jeweils umfangreichen Vorbereitungen und Reisebedingungen wurde daraufhin beschlossen, den Ryder-Cup fortan alle zwei Jahre auszutragen. 1929 wohnten dem Match im englischen Moortown Golf Club an zwei Spieltagen bereits mehr als 10.000 Zuschauer bei. Wieder schien der Heimvorteil ausschlaggebend. Die Briten gewannen auf heimischem Platz mit 7:5. Erst 1937, es war die sechste Auflage des Turniers, gewannen die Amerikaner erstmals als Gäste auf britischem Boden, bevor die Veranstaltung kriegsbedingt für zehn Jahre pausieren musste.
Nach dem Krieg war das amerikanische Team, lange Zeit mit Golfikone Ben Hogan als Captain, regelmäßig nicht mehr zu schlagen. Die einzige Ausnahme in über 30 Jahren machte das Jahr 1957 im Lindrick Golf Club, wo die Briten letztmals als rein britisches Team zuhause gewinnen konnten.
Mitte der 80er: Die ZeitenwendeAb 1973 wurde Großbritannien durch Golfer aus Irland verstärkt und ab 1979 trat eine komplett europäische Delegation mit namhaften Protagonisten wie Nick Faldo, dem Spanier Seve Ballesteros und später auch mit Bernhard Langer gegen die Favoriten aus den USA an.
Es war Bernhard Langers dritte Ryder-Cup Teilnahme 1985 im englischen The Belfry, die mit dem ersten Sieg Europas nach 27 Jahren US-Dominanz so etwas wie eine Zeitenwende in der Ryder-Cup Geschichte einläutete. Seitdem war Europa bis heute 13 Mal siegreich, während die USA die Trophäe mit so namhaften Beteiligten wie Woods, Watson oder Mickelson nur sechsmal zurückgewinnen konnte.
Im Jahr 2027 wird Samuel Ryders originaler Pokal 100 Jahre alt und ungeachtet von pandemischer oder weltpolitischer Befindlichkeit gleich welcher Art im irischen Limerick zum Wettbewerb stehen. Davor allerdings blickt die Golfwelt freilich vom 26. - 28. September dieses Jahres gespannt nach Long Island in die USA. Zum 45. Ryder Cup 2025 wird auf dem Bethpage Black Course vor den Toren New Yorks abgeschlagen werden.
Team Europa - Una FamigliaWenn man die letzten Saisonergebnisse der aktuell besten Spieler aus beiden Kontinenten, quer über alle Touren als Indikator für die Chancenverteilung zum Duell im Herbst zugrunde legt, so sieht es für Europa momentan nicht einmal schlecht aus. Mit McIlroy, dem Belgier Detry, Straka aus Österreich und erst jüngst mit dem aufstrebenden Schweden Ludvig Åberg waren auf der PGA-Tour in der gerade begonnenen Saison fast durchweg Europäer siegreich, was amerikanische Medien gerade zunehmend nervöser kommentieren.
Darüber hinaus steht Captain Luke Donald mit Shane Lowry, Tommy Fleetwood und den LIV-Golfern Hatton und Rahm eine Kernmannschaft zur Verfügung, die schon in Italien 2023 siegreich war und sich als „Una Famiglia“ versteht.
Auf amerikanischer Seite ist der Weltranglistenerste Scottie Scheffler vor The Open Sieger Xander Schauffele und dem Golfprofessor Bryson DeChambeau im Ranking führend, wobei letzterer schlussendlich ebenso durch Zugeständnisse der PGA an die konkurrierende, saudi-arabische LIV-Golf League zur Qualifikation im US-Team zugelassen ist. US-Captain Keegan Bradley wird das finale Team USA nach dem BMW Championship Mitte August in Owing Mills, (MD) benennen.
Die Taktik wird spielentscheidend seinWenn dann am 23. September die ersten acht Foursomes und Fourballs gestartet werden, haben die Captains auf beiden Seiten schon tief, wenngleich sozusagen blind, in die Taktikschublade gegriffen. Die Paarungen der Viererteams und auch die Spielpositionen werden üblicherweise erst kurz vor Spielbeginn von den Captains bestimmt und benannt – und zwar ohne, dass die entsprechende Aufstellung der Gegenseite bekannt ist.
Es ist somit kaum möglich, sich vor dem Match auf das gegnerische Team einzustellen, denn man erfährt erst kurz vor dem ersten Abschlag, wer von der anderen Seite dazu kommt. Für die Spannung, die den Ryder-Cup so einzigartig bei Spielern und Zuschauern macht, sorgt dann der Lochspiel-Modus an sich, bei welchem sich das Blatt an jeder Bahn bis zum letzten Putt immer wieder für das eine oder das andere Team wenden kann.
Wenn Individualisten zu Teamplayern werdenEin psychologischer Faktor ist wahrscheinlich eher ungeplant für Erfolg und die Beliebtheit des Wettkampfes bei Spielern und Publikum verantwortlich. Golfer sind seit jeher klassische Individualsportler. Alle spielen gegen den Platz, aber jeder kämpft für sich. Im Ryder-Cup erleben die Spieler plötzlich so etwas wie Teamgeist, fiebern als Mannschaft bei jeder Partie mit und werden von einer ganzen Nation angefeuert. Dabei kann ein konzentrierter Individualist schon mal von den eigenen Gefühlen überwältigt werden, was Motivation mitunter in Euphorie übergleiten lassen kann.
Wer schließlich auf den Geschmack gekommen ist und einen Ryder-Cup aus nächster Nähe in Kontinental-Europa erleben möchte, muss aus heutiger Sicht allerdings noch einen ziemlich langen Atem haben. Während die zukünftigen US-Austragungsorte bis 2037 schon bekannt sind, sind die europäischen Spielplätze für 2031 und 2035 sind noch nicht final festgelegt. Für die 2031 Ausgabe steht Camiral Golf in Katalonien in der Diskussion und die Green Eagle Golf Courses bei Hamburg haben vorausschauend schon einen Platz im Wettspielkalender 2035 reserviert.